Hier kommt die Marschmusik!

Bald ist wieder Musikfestzeit und damit kommt Sie wieder, die hassgeliebte Marschmusik auf der Strasse. Für uns Trommler gilt: Marschmusik ist geil. Wenn nicht, dann freu dich, dass du im Marsch endlich Mal sagen darfst, wo es lang geht – weil Trommler einige hundert Jahre lang den ganzen Tagesablauf in Armeen geregelt haben und du jetzt in deren Tradition stehst. Besser? Eben.

Märsche sind mindestens für Snaredrummer sau ergiebig, weil da fast die ganze Geschichte aller Trommlerei Grundlage ist.

Grundlagen sind bei uns Drumsettlern offensichtlich uncool geworden. Wären aber immernoch Grundlagen.

Drum gerne ein paar frei dahergeredete Worte dazu. 2014 schreib ich dann ein Buch darüber, gell Christoph:-)

Grundlegendes und Tricks

Besetzung

  • Kleine Trommel
  • Grosse Trommel
  • Becken à due aka Cinellen
  • Lyra.

Stehend oft auch Timpani, es sei denn, man hat ein Pferd.

Einteilung

2 Trommeln und 1x Becken sind zusammen 3 Leute, aber ein Instrument. Eine Spezprobe nur mit den Drummern hilft enorm und gibt echtes Fundament. Ich komme Sie gerne leiten.

  • Der taktfesteste geht an die Cinellen. Das ist das wichtigste Instrument im Marschschlagzeug, weil es am durchörbarsten ist, Tempo zeigt und dabei gratis die Musik lupft (hochhebt).
  • Die Kleine Trommel gibt rhythmische Struktur und dynamische Textur, hat aber wenig Tempogestaltungsfunktion während dem Stück.
  • Die Grosse Trommel ist meist massiv zu laut gespielt und macht so die Musik plump. Brauchts zur Unterstützung der Bässe, vielleicht für Spielwechselsignale / Locken. So eine Art Subwoofer.
  • Lyren sind doof, weil sie meist einhändig gespielt werden müssen. Nur dann einsetzen, wenn es jemand sehr gut kann (gilt auch für Piccolos). Sonst haut’s schnell das ganze Gefüge um, weil die Dinger akustisch so auffallen.

Tambourbeginn

  • Wenn’s echte Tambouren vor der Band hat, weiterschlafen und mitlatschen. Jene laufen übrigens gerne etwas zu zackig.
  • Sonst Vormarsch mit der Kleinen Trommel in der selben Taktart, wie das Stück der Band gesetzt ist. Die da wären: 2/4, 6/8, 4/4 alla breve.
  • Tempo nach Vorgabe Spielführer, zur Sicherheit 112 – 117 Schritte pro Minute. In diesem Bereich klatschen die Leute am Strassenrand automatisch.
  • Wer Ruhe in den Zuschauern (und Unruhe im Korps) will, geht von 120 Schritten aufwärts. Stehend geht alles.
  • Wer Unruhe bei allen Spielführern stiften will, schlägt aus Versehen den oldscooligen Feldschritt mit 100 an und ehhh… begründet das (wie ich 2017) mit Altersentlastung:-D
  • In der Schweiz verlangt die Tradition den Trommelvormarsch dynamisch sehr Ordonnanzhaft – also jeden Schlag gleichberechtigt in der selben Lautstärke. Und nochmals darüber die Akzente. Eine praktische Übung em Fall!

Während des Stückes

Viele Drummer (und Musikanten) spielen einfach öppis, weil es ist ja nur ein Marsch. Die Spielführer unterstützen das noch und hauen so den Blumen die Köpfe ab. Mindestens frühere Marschkomponisten waren angesehene Leute und wussten sehr wohl, warum Sie was schrieben.

Und weil wir uns ja nicht unter Wert verkaufen wollen, gilt ganz simpel: Alles erstmal ganz genau so spielen, wie es in den Stimmen steht. Egal, was die Führung sagt.

Tricks

  • Cinellen sind Tempo und Grunddynamik – Chefs. Die coolen halten die Notenwerte ein, indem Sie das Ausklingen entsprechend Dämpfen.
  • Kleine Trommler hauen rhythmisch ganz genau nach Noten und vorerst fast mechanisch, dabei dynamisch so gespreizt, wie möglich. Für die meisten Spieler gilt: Piano halb – und Forte doppelt so stark, wie man denkt, schon bist du im Rennen.
  • Die Grosse Trommel schiebt sich unter die Band ohne dominant zu werden, gibt Puls. Dummerweise hört man nämlich die Dinger je nach Umgebung erst ab ca. 20 Metern richtig, im Korps aber eher weniger. Das begreifen meist die Spielführer nicht und verlangen so oft zu viel Pumm.
  • Akzente sind mindestens eine Dynamikstufe höher, als die aktuelle. Sie kommen immer dazu, nicht umgekehrt.
  • Soloschläge sind es auch.
  • Lyra wie erwähnt, nur wenn man es kann und dabei nicht schineglen (überforcieren).

Instrumentarium und Technisches

Becken

Cinellen auf der Strasse brauchen mindestens 18″, lieber 20″ und sind von der heller klingenden Sorte. Dafür kann man ein- für alle Mal mit hochkant spielen aufhören und gemütlich schräg auf Hüfthöhe dengeln. Eine Hand schlägt, eine ruht.

Der Hauptrick ist maximale Beschleunigung im Schlag, nicht grosse Distanz. Esprit. Klatsch in die Hände, bis es richtig knallt und spiel die Becken dann genau so. Oh, und räume gleich mit zwei dummen Mythen auf:

  • «B schlägt A»
  • «Piano spielen heisst, die Beckenränder aneinander tippen».

Das ist Seich, weil nur Paiste Becken überhaupt ein B und A eingestanzt haben und Randschläge viel zu dünn klingen auf der Strasse.

Im Trio darf man gerne die Cinellen weglassen, wenns Piano gespielt sein soll.

Marschpauke

Die Grosse Trommel ist in der Schweiz oft ziemlich klein, alt und klingt sehr kurz. Neuere Bassdrums haben viel mehr Bauch im Klang. So oder so schlägt eine Hand und die andere ist auf der Gegenseite als Dämpfer parat.

Der Trick ist, den Schlägel abprallen zu lassen, nicht durch die Pauke hindurch zu wuchten. Das gibt Bass. Schlagzone ist ein paar cm rund ums Zentrum des Felles. Ganz in der Mitte ist eine Trommel nämlich quasi klangtot. Etwa in der Mitte zwischen Zentrum und Rand gibt es am meisten Nachklang. Die Dämpfhand kürzt je nach Notenwert und Instrument das Ausklingen und macht die Pfünderei geschmackvoll.

Snare

Bei uns sieht man oft die endgeilen alten Eugen Giannini Trommeln in Buche mit ca. 14″ x 8″ (36 x 20cm). Oft mit wunderschönen Wappen. Die muss man hegen und pflegen, weil die haben Charakter. Nicht zu unterschätzen ebenfalls die etwas weniger tiefen Imperial Chrom über Messing Kübel. Beide Swiss Made und Vintage, du!

Dagegen ist die offizielle Schweizer Militärspiel – Sonor 14″ x 12″ viel langweiliger (und schwerer), aber OK.

Uncool finde ich US Marching Snares und ganz übel schottische Pipe Band Snares im Korps.

Die US – Hochspannungskübel mit tot klingenden Kevlarfellen sind für Ensembles und geiles Rudimental Drumming tiptop (und scheisse schwierig zu bedienen). Die schottischen mit Zusatzsaiten unter dem Schlagfell erzeugen fast nur weisses Rauschen und sind erst in Kombination mit Dudelsäcken interessant. Weil Dudelsäcke keine Dynamik haben, braucht es… Oha! – wir wollen ja nicht abschweifen…

Item: Die Kleine Trommel ist sowas wie Zuckerglasur, Schoggistreusel und eeeh Kirsch im Kuchen. Deshalb vorerst die Stimme metronomgenau und mit maximalem Dynamikumfang einüben. Alle Wirbel recht offen und RRLL, keine Orchesterwirbel aka Presswirbel aka Buzzrolls. Dafür wird dich keiner mögen, aber – mit Verlaub – wir sind in der Welt des Streichtrommelns und da gibt es grob Einzelschläge, Doppelschlagwirbel und einfachen Vorschlag. Seit rund 400 Jahren. Das kann trotzdem hochelegant klingen.

Ein Trick für Regelmässigkeit ist dabei ein durchgehender Handsatz. Im 2/4 z.B. die Achtel (Zählzeiten 1 + 2 +) immer RLRL. Kommen 16tel ums Eck, spielt die entsprechende «Achtelhand» einfach entspechend Doppelschläge. Bei Pausen die Hand auslassen, so bleibt jeder Zählzeit eine Hand fix zugeordnet. So wirds über die Bewegung genauer.

Eine simple aber wichtige Übung dazu als PDF hier (Snare oben Bassdrum unten), zum alleine üben.

Wenn mir noch mehr dazu in den Sinn kommt, kommt mehr.

Prost unterdessen!

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